Nach einem Urteil des BAG kann ein Arbeitgeber Gründe, die er bei Ausspruch der Kündigung noch nicht kannte, im Kündigungsschutzprozess nachschieben [Urteil vom 18.06.2015 – 2 AZR 256/14]

Vorgeschichte

Der Arbeitgeber hatte wegen einer Straftat bzw. des Verdachts einer solchen gekündigt. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stritten darüber, ob der Arbeitnehmer an Preisabsprachen mit Wettbewerbern beteiligt war. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats. Nachdem das Bundeskartellamt in einem Bußgeldbescheid den Arbeitnehmer als mutmaßlichen Beteiligten an wettbewerbswidrigen Absprachen namentlich nannte, hörte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu diesem Vorwurf an. Diesen neuen Sachverhalt führte sie in den Rechtsstreit ein.

Ergebnis

Das BAG führt aus: Eine Verdachtskündigung könnte begründet und auch als ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein, wenn Tatsachen vorlägen, die das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstören könnten und der Arbeitgeber zumutbare Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hätte.

Dabei seien auch die nachgeschobenen Kündigungsgründe zu beachten.

Begründung

Für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung könne es auch auf solche Umstände ankommen, die dem Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt noch nicht bekannt wären, aber später bekannt würden. Dies gelte jedenfalls, wenn sie bei Kündigungszugang objektiv schon gegeben waren. Die Gründe könnten auch nachgeschoben werden, wenn sie einen neuen, weiteren Kündigungsvorwurf begründen könnten. Maßgeblich sei der Wissensstand des Kündigungsberechtigten. Bei einer juristischen Person sei dies grundsätzlich das gesetzlich oder kraft Satzung für die Kündigung zuständige Organ.