Übermäßiger Baulärm kann auch in einer Großstadt zur Mietminderung berechtigen. Dies entschied das Amtsgericht München mit Urteil vom 1. Februar 2018, Az. 472 C 18927/16. Das Landgericht München I bestätigte mit Urteil vom 15. November 2018, Az. 31 S 2182/18, das erstinstanzliche Urteil.

Die Mieterin hatte die Miete über mehrere Monate hinweg gemindert unter Berufung auf unzumutbaren Lärm einer benachbarten Großbaustelle, auf der unter Abriss einer früheren Fabrik über hundert neue Wohneinheiten erstellt wurden. Dazu legte sie ein detailliertes Lärmprotokoll mit eingearbeiteter Fotodokumentation sowie das Ergebnis einer eigenen mehrtägigen Schallmessung vor.

Die Vermieterin berief sich auf die Ortsüblichkeit des Baustellenlärms. Die gesetzlichen Bauvorschriften seien eingehalten worden. Die Bautätigkeit habe sie aufgrund der erteilten Baugenehmigung auf dem Nachbargrundstück nicht verhindern können. In einer Großstadt müsse mit Bautätigkeiten gerechnet werden, zumal die Mieterin bewusst eine Wohnung neben einer schon stillgelegten Fabrik angemietet habe.

Das AG München wies die Klage der Vermieterin auf Zahlung des im Wege der Mietminderung einbehaltenen Mietanteils nahezu vollständig zurück.

Eine Mietminderung sei nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil in Großstädten Baulärm regelmäßig hinzunehmen sei. Zwar treffe es zu, dass in Großstädten immer irgendwo gebaut werde. Dennoch entspreche es der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass man auch in Großstädten in Wohnungen ungestört von Baulärm leben könne. Die übergroße Mehrzahl der Wohnungen in Großstädten sei wohl Verkehrslärm, nicht aber Baulärm ausgesetzt.

Das Gericht war nach Durchführung einer Beweisaufnahme davon überzeugt, dass von der benachbarten Großbaustelle in dem streitgegenständlichen Zeitraum erhebliche Lärm- und Schmutzeinwirkungen auf die Wohnung der Mieterin stattgefunden haben, die zu einer mehr als unerheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache führten, so dass die Mieterin zu einer angemessenen Mietminderung berechtigt gewesen sei.

Das Gericht unterteilte den Baulärm in zwei Phasen: Den Abriss und die Grundarbeiten - Bauphase 1 - und die Hochbauarbeiten - Bauphase 2 - und sprach der Mieterin eine Minderungsquote von 30% pro Monat für die Bauphase 1 und 25% für die Bauphase 2 zu.

Die Beweisaufnahme hatte zudem ergeben, dass die benachbarte Fabrik bei Einzug der Mieterin noch nicht leer gestanden hatte, so dass die Mieterin nicht konkret mit Baumaßnahmen habe rechnen müssen.

Das Landgericht München wies die Berufung der Vermieterin zurück.

Das LG München führte in seinem Urteil aus, dass Baustellenlärm regelmäßig als Mangel der Mietsache anzusehen sei, soweit er die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch mindere.

Die Üblichkeit des Lärms sei nur dann ausschlaggebend, wenn die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages eine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend getroffen haben, dass der im Rahmen dieser Vereinbarung näher zu definierende übliche Lärm geduldet werden muss. Üblicher Baulärm sei nicht grundsätzlich zu dulden.