Nach einem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unterliegt eine Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis, die ungehindert betreten werden kann, strengen Anforderungen an die datenschutzrechtliche Erforderlichkeit.

Laut Pressemitteilung Nr. 22/2019 des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2019 ist die Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis regelmäßig nicht zulässig.

Die Praxis der Klägerin kann durch Öffnen der Eingangstür ungehindert betreten werden. Der Empfangstresen ist nicht besetzt. Oberhalb des Tresens hat die Klägerin eine Videokamera angebracht, deren aufgenommene Bilder in Echtzeit auf Monitoren angesehen werden können, die die Klägerin in Behandlungszimmern aufgestellt hat (sog. Kamera-Monitor-System).

Die Landesdatenschutzbeauftragte gab der Klägerin u.a. auf, die Videokamera so auszurichten, dass der Bereich vor dem Empfangstresen, der Flur zwischen Tresen und Eingangstür und das Wartezimmer, welche den Patienten und sonstigen Besuchern zugänglich sind, nicht mehr erfasst werden. Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein. Ihre Klage blieb erfolglos.

Die seit dem 25. Mai 2018 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar geltende Datenschutz-Grundverordnung finde auf datenschutzrechtliche Anordnungen, die vor diesem Zeitpunkt erlassen worden seien, keine Anwendung. Der Bundesgesetzgeber habe die Zulässigkeit der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) vor dem 25. Mai 2018 durch § 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes a.F. auch für private Betreiber abschließend geregelt.

Die Beobachtung durch ein Kamera-Monitor-System setze auch ohne Speicherung der Bilder voraus, dass diese zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Privaten erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht überwiegen.

Dass die Klägerin für den Betrieb ihrer Praxis auf die Videoüberwachung angewiesen sei, habe sie nicht dargelegt. Anhaltspunkte dafür, dass ihre Befürchtung, Personen könnten ihre Praxis betreten, um dort Straftaten zu begehen, berechtigt sei, sah das Gericht nicht. Die Videoüberwachung sei auch nicht notwendig, um Patienten, die nach der Behandlung aus medizinischen Gründen noch einige Zeit im Wartezimmer sitzen, in Notfällen betreuen zu können.

 

Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 27. März 2019, Az. 6 C 2.18