Die Betreiberin des Flughafens Westerland/Sylt ist auf die Klage zweier Anwohnerinnen verurteilt worden, den Flughafen in der Zeit zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr so zu betreiben, dass die Grundstücke der Klägerinnen in Keitum nicht mit einem Dauerschallpegel von mehr als 55 dB(A) belastet werden.

Für den Lärm, der durch Luftverkehr hervorgerufen wird, gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts keine Grenz- oder Richtwerte, die als Grenze zwischen zivilrechtlich wesentlichem und unwesentlichem Fluglärm herangezogen werden können. Deshalb muss der Tatrichter bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen abstellen und darauf, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat für die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung darauf abgestellt, ob die Mehrzahl der Flughafenanwohner Geräuscheinwirkungen mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von mehr als 55 dB(A) zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr als starke oder äußerste Fluglärmbelästigung empfindet.

Zu diesem Zweck hat der vom Gericht beauftragte Sachverständige die von der Weltgesundheitsorganisation erstellte Zusammenfassung international durchgeführter Lärmstudien und die Lärmwirkungsstudie NORAH, die für andere Flughäfen in der Bundesrepublik erstellt worden ist, auf den Flughafen Sylt übertragen. Im Ergebnis ist für die Situation am Flughafen Sylt und Umgebung davon auszugehen, dass auch dort von der Mehrzahl der Anwohner ein Tagesdauerschallpegel von mehr als 55 dB(A) als starke oder äußerste Lärmbelästigung empfunden wird.

Dass die Beklagte die Überschreitung des Dauerschallpegels von 55 dB(A) nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindern kann, hat sie nach Auffassung des Gerichts nicht hinreichend dargelegt.

OLG Schleswig, Urteil v. 11. September 2019, Az. 9 U 103/15

Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 11. September 2019