Nichtigkeit eines Einziehungsbeschlusses wegen fehlenden freien Vermögens der Gesellschaft zur Bezahlung des Einziehungsentgelts, trotz vorhandener stiller Reserven

Steht bereits bei Fassung des Einziehungsbeschlusses fest, dass das an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Einziehungsentgelt nicht aus freiem – das Stammkapital der Gesellschaft nicht beeinträchtigenden – Gesellschaftsvermögen gezahlt werden kann, so ist ein solcher Beschluss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in entsprechender Anwendung des § 241 Nr. 3 AktG nichtig (BGH, Urteil v. 26.06.2018, Az. II ZR 65/16).

In der zugrunde liegenden Entscheidung hatte der BGH nunmehr darüber zu befinden, ob dies auch dann gilt, wenn die Gesellschaft über ausreichende stille Reserven verfügt und deren Auflösung für die Gesellschaft zumutbar wäre. Der BGH bejaht dies und begründet die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses wie folgt:

Da die Auszahlung des Einziehungsentgelts an den ausscheidenden Gesellschafter nicht die Entstehung oder Vertiefung eine Unterbilanz zur Folge haben darf, sei die Frage, ob die Auflösung stiller Reserven zulässig ist, anhand der Kapitalerhaltungsgrundsätze der §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 GmbHG zu beurteilen. Würde man die stillen Reserven als frei verfügbares Vermögen der Gesellschaft behandeln, verstieße man damit gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung. Die Abfindung des Gesellschafters sei somit ausschließlich aus freiem Vermögen der Gesellschaft zu leisten, wozu stille Reserven gerade nicht zählen.

Da der BGH über einen Fall zu befinden hatte, in welchem bereits bei Beschlussfassung feststand, dass die an den Gesellschafter zu zahlende Abfindung nicht aus freiem Vermögen gezahlt werden könnte und der Beschluss über die Einziehung der Geschäftsanteile somit von Anfang an nichtig war, sei eine nachrangige Haftung der anderen Gesellschafter zu verneinen. Das berechtigte Interesse des Gesellschafters aus einer Gesellschaft ausscheiden zu können und somit nicht dauerhaft an die Gesellschaft gebunden zu sein, führe jedoch dazu, dass aus Gründen der Treuepflicht die anderen Gesellschafter zur Hinwirkung auf eine Auflösung stiller Reserven verpflichtet sein können.