Wenn ein:e Verkäufer:in mangelhafte Waren liefert, kann der Käufer bzw. die Käuferin grundsätzlich Gewährleistungsrechte geltend machen. Zwischen Kaufleuten gilt hierbei allerdings die Sonderregelung des § 377 HGB. Die Vorschrift sollen Verkäufer:innen vor einer Inanspruchnahme durch den Käufer bzw. die Käuferin nach Ablauf einer bestimmten Zeit schützen und dabei der Einfachheit und Schnelligkeit des Handelsverkehrs dienen.

Nach § 377 HGB gilt: Der Käufer bzw. die Käuferin muss im Falle eines Handelskaufes die Ware nach Empfang unverzüglich untersuchen. Zeigt sich ein Mangel, muss der Käufer bzw. die Käuferin dem Verkäufer bzw. der Verkäuferin diesen wiederum unverzüglich anzeigen. Dieses Eilgebot gilt also zweimal, für die Untersuchung und für die Rüge. Zeigt der Käufer den Mangel nicht an, gilt die Ware mit Mangel als genehmigt.

Doch was heißt „unverzüglich“?

Unverzüglich bedeutet grundsätzlich „ohne schuldhaftes Zögern“. Theoretisch ist dabei auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen. Starre Fristen gibt es nicht. Die Rechtsprechung geht hier jedoch je nach Einzelfall von einer Frist von maximal 1 bis 2 Tagen aus. Bei verderblichen Waren kann sogar eine Stundenfrist gelten. Teilweise wird von Gerichten angenommen, dass in Zeiten des Mobilfunks und Internets noch am selben Tag gerügt werden muss.

Für komplexere Untersuchungen kann als Richtwert wiederum eine Frist von einer Woche gelten. Beachtlich sind auch Feiertage, wie z.B. Weihnachten. Dem Landgericht Berlin war in einer Einzelfallentscheidung aber beispielsweise die Rüge einer am 23.12. empfangenen mangelhaften Lieferung von Mohair-Pullovern erst am 09.01. des Folgejahres trotz der dazwischen liegenden Feiertage zu spät. Im Einzelfall muss jeweils zwischen offen erkennbaren Mängeln und verdeckten Mängeln unterschieden werden.

Als Käufer:in sollte man die Ware also nicht nur umgehend überprüfen, sondern entdeckte Mängel sofort melden – bestenfalls sollte dieses Prozedere möglichst schnell nach Erhalt der Waren durchgeführt und verschriftlicht werden, um für den Fall eines späteren Streits einen Nachweis in Händen halten zu können, auf dessen Grundlage Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können.

Denn die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB führt nicht selten zu Streitigkeiten, die vor Gericht enden. Bei diesen spielt die Beweislast oft die entscheidende Rolle: Es muss nämlich der Käufer bzw. die Käuferin nachweisen, dass er bzw. sie rechtzeitig gegenüber dem Verkäufer bzw. der Verkäuferin gerügt hat. Bei nicht rechtzeitiger oder nicht wirksamer Rüge gilt die empfangene Ware als vertragsgemäß. Dies bedeutet aber nicht, dass der Empfänger bzw. die Empfängerin im Einzelfall nicht anderweitige Rechte gegenüber dem Verkäufer bzw. der Verkäuferin geltend machen kann.

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